Kulturseminar der Landsmannschaft Schlesien, Landesgruppe NRW in Waldenburg und Oppeln

( Bericht von Dr. Manfred Göttlicher, Kulturreferent )

Reisegruppe vor Schloss Fürstenstein

Ein reichhaltiges Begegnungs- und Erlebnisprogramm war für diese sechstägige Kulturreise nach Schlesien mit Schwerpunkt Raum Waldenburg und Oppeln vom Veranstalter angesagt worden – es war nicht übertrieben! Hans-Peter Mann, Stv. Vorsitzender der Landesgruppe NRW, der zum wiederholten Male eine solche Reise arrangiert hatte, konnte sich bei der Rückfahrt nach positiven Rückmeldungen entspannt zurücklehnen und auf eine gelungene Veranstaltung zurückblicken, die sowohl im Vorfeld wie auch auf der Durchführung, beträchtliche Organisation und Flexibilität erfordert hatte.

An dieser Stelle auch Dank für die Unterstützung des Kulturprogramms aus Landesmitteln; mit ihrer Hilfe viel es auch den Gastgebern vor Ort leichter, einen Teil der angefallenen Kosten zu decken.

Vom Ansatz her ging es ja auch darum, mehrere Zielebenen in Einklang zu bringen: hoch angesiedelt der kulturelle Austausch der Landsmannschaft mit den Organisationen der heute in Polen lebenden Deutschen bzw. Personen mit deutschem Hintergrund in den Haupt-Anlaufspunkten Waldenburg und Oppeln, der persönliche Kontakt im Rahmen von Veranstaltungen und geselligem Beisammensein und schließlich auch das Anliegen, den Mitreisenden reichlich Möglichkeit zu geben, ihren Bezug zu Landschaften, Städten und Sehenswürdigkeiten des vielfach schönen Schlesiens zu erweitern oder zu vertiefen.

Dazu braucht es helfende Kräfte: Frau Hannemann, Landesgeschäftsführerin  war mit von der Partie und unterstützte den durchführenden Leiter, wo immer möglich. LS-NRW-Kulturreferent Dr. Manfred Göttlicher war zur Mitreise eingeladen, um das Unterhaltungsprogramm durch Kurz-Vorträge anzureichern. Er hatte sich dafür das Thema Schlesische Eisenbahnen ausgesucht und zwei Beiträge mit historischen und aktuellen Bildern sowie mit regionalen Bezügen zu den Vortragsorten vorbereitet.  Kaum vorzustellen gewesen wäre die Reise natürlich ohne die Musik- und Tanzgruppe „Der Fröhliche Kreis“ aus Bergisch Gladbach unter Leitung von Bernadette Grüne-Glattki, die mit handgemachter Musik, schwungvollen Tänzen sowie vielen schönen Liedern immer wieder begeisterten. Nicht unerwähnt bleiben sollen die Leistungen des Busfahrers, der uns – trotz gelegentlicher sprachlich bedingter Navi-Irritationen – letztendlich zu unseren Zielen und gesund wieder nach Hause gebracht hat.

Ein fröhlicher Nachmittag mit Tanz und Gesang in Waldenburg

Für die Übernachtungen im Raum Waldenburg war ein Hotel in Bad Salzbrunn  nahe des reizvollen Kurviertels gewählt worden. Von hier waren es nur wenige Schritte, um in das beeindruckend barock restaurierte Theater zu gelangen, wo der erste Begegnungsabend mit Gästen des Freundschaftskreis der Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaft (SKGD) in Waldenburg stattfand. Hans-Peter Mann und Frau Doris Stempowska wandten sich mit kurzen Reden und gegenseitigem Dank dem Publikum zu. Schüler des Lyceums trugen Musik vor und präsentierten eine Kurzfassung von Dürenmatts „Besuch der alten Dame“. Der Fröhliche Kreis leistet mit Sternpolka, Arbeits- und Festtagstänzen sowie Mitmachtänzen seinen Stimmungsbeitrag. Am folgenden Tag rundeten eine gemütliche Kaffeerunde mit Gesprächen und Vortrag den Austausch mit der  SKGD Waldenburg ab.

Der Rundreise und Besichtigungsteil überwältigte mit seinen Eindrücken: mit Schloss Fürstenstein,  der Friedenskirche in Schweidnitz und Kloster Grüssau  waren herausragende schlesische Sehenswürdigkeiten ausgewählt worden. Schloss Fürstenstein vermittelt allein wegen seiner Größe und Architektur einen bleibenden Eindruck. Es war der Sitz des Adelsgeschlechts von Hochburg und Pless. Die Friedenskirche in Schweidnitz, vom Habsburger Kaiser den Protestanten im 17. Jhd. zugestanden, zeugt, abgesehen von der religiösen Verbundenheit, von der Fähigkeit, hervorragende Dinge auch unter schwierigsten Rahmenbedingungen zu schaffen.  Kloster Grüssau, nicht umsonst als eine „Perle des Barock“ bezeichnet, lädt zum Verweilen und Betrachten. Die für die Ordensmitglieder errichtete Marienkirche (Basilica Minor) und die benachbarte,  für das Volk bestimmte,  Josefskirche  bergen, neben den offensichtlichen Reizen, eine  unglaubliche Fülle an historisch und künstlerisch wertvollen Schätzen. Wer genau hinschaut (oder dem Klosterführer zuhört), bemerkt auch, dass einige biblische Fresken  der volksnahen Josefskirche („Bibel der Armen“) in Schlesischen Landschaften angesiedelt sind.

Beim Wechsel zum zweiten Zielort, Oppeln wurde das Angebot gemacht, eine kurze Pause in Breslau einzulegen. Es wurde gerne angenommen  –  für einige war es sogar der erste Besuch in der alten Schlesischen Metropole. In der Kürze der Zeit lagen die Schwerpunkte auf Universität und Ring mit Rathaus und umgebender Gastronomie, wobei der Schweidnitzer Keller natürlich besondere Erwähnung verdient.

H.-P. Mann und L. Bily

In Oppeln war für die Gruppe ein Hotel in zentraler Lage mit Sichtkontakt zum liebevoll und historisch getreu restaurierten Hauptbahnhof gewählt worden.  Spätnachmittags fuhren wir  nach Comprachtschütz, ein kleiner Ort mit deutschem Ortsschild. Im Gemeindesaal hatten uns die Vorsitzende Frau Anna Giza und die deutschen Einwohner einen Imbiss bereitet. Dort begrüßte uns auch die Geschäftsführerin des Verbandes Deutscher Gesellschaften (VDG) Frau Maria Neumann. Bei Gesprächen, Tanz, Musik und Vortrag wurden wir schnell Freunde. Am nächsten Tag war in Oppeln ein Treffen mit dem Pressesprecher des VDG Lukas Bily arrangiert. Er legte in einer Präsentation die verantwortungsvolle Arbeit des Verbandes, der als Dachverband der zahlreichen regionalen Gruppen fungiert, dar. Bemerkenswert, seine Einschätzung zur Zahl der noch in Polen verbliebenen Menschen mit Deutschen Wurzeln. Anders als der Zensus, sieht der VDG den Rahmen eher bei 300.000 während der Zensus nur etwa die Hälfte davon als Deutsche klassifiziert. Der Pressesprecher berichtet von dem trotz gesetzlich vorhandener Grundlage nach wie vor defizitären Deutsch-Sprachunterricht in Schulen und vom Bemühen der von VDG und regionalen SKGs, dies auszugleichen – hier spielen das Projekt Samstagskurse für 6 bis 11 Jahre alte Kinder eine wichtige Rolle. Zur Festigung der Deutschen Gemeinschaft gab es u.a. einen Projektrahmen „Konsolidierung der Begegnungsstätten“, bei dem 2014 polenweit die beachtliche Zahl von 533 Projekten gezählt wurden, knapp 300 davon allein im Raum Oppeln.

Als weiterer Schwerpunkt  wurden die Probleme der zukünftigen Finanzierung dargelegt. Wer übernimmt die Kosten, die bisher überwiegend aus Geldern der Stiftung für die Entwicklung Schlesiens abgedeckt waren? Neben polnischen Projektzuschüssen auf nationaler und regionaler Ebene hofft man auch auf ein verstärktes Engagement des Deutschen Innenministeriums . Vielleicht noch einmal ein einmaliger Großbetrag, über dessen Verwendung die Deutschen i n Polen selbst bestimmen können? Als besonders wichtiger Punkt wurde schließlich auch die Frage der politischen Vertretung der Deutschen auf den verschiedenen Ebenen des Landes angesprochen. Derzeit verfügen die Deutschen nur über einen einzigen Sejm-Vertreter, während es regional sehr unterschiedlich aussieht. Bei der 2014er Wahl schafften es in der Wojewodschaft Oppeln 19 Deutsche auf einen Bürgermeisterstuhl. Die Veranstaltung wurde mit gegenseitigem Respekt, Dank und der Hoffnung auf eine weitere enge Zusammenarbeit der deutschen Landsmannschaften und polnischen Organisation beendet.

Auf die zahlreichen Sehenswürdigkeiten, die im Rahmen des gemeinsamen begonnenen Rundgangs durch Oppeln  und anschließender freien Verfügung einzugehen, würde den Rahmen des Berichts sprengen. Aber ein Besuch lohnt sich immer wieder, um alt und neu der Stadt (wieder-) zu entdecken.


Der „Fröhliche Kreis“ musiziert und tanzt

Zum Abschluss des Aufenthaltes im Raum Oppeln war die NRW-Reisegruppe zu einem zünftigen Oktoberfest eingeladen, das in Krappitz  stattfand. Noch einmal gemütliches Beisammensein, vielfältiger Gedankenaustausch unter dem Dach polnischer und deutscher Musik. Hans-Peter Mann und der örtliche Bürgermeister  konnten sich dabei näher kennenlernen. Der „Fröhliche Kreis“ ging noch einmal voll aus sich heraus – ein schöner und stimmungsvoller Abschied und stimmungsmäßiger Höhepunkt einer interessanten, schönen und lohnenswerten Reisewoche.     

H.-P. Mann und Bürgermeister A. Kasiura mit Ehefrau