Rundschreiben Nr. 2-16 vom 4. März 2016


Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Landsleute,

wir sind in das Jahr 2016 gestartet und die Arbeit für Schlesien hat uns wieder eingefangen. Wir werden insbesondere unsere Landesdelegiertenversammlung am 21. Mai, unser gemeinsames Landestreffen mit den Ostpreußen auf Schloss Burg/Solingen am 19. Juni und unseren Tag der schlesischen Kultur am 12. November gestalten. Aber auch der Vertriebenengedenktag am 20. Juni und der Tag der Heimat im September erfordern unsere Mitwirkung. Ich bitte Sie alle, helfen Sie mit, unsere Anliegen vor Ort durch eigene oder durch die Mitwirkung an Veranstaltungen des BdV in die Öffentlichkeit zu tragen.

Flüchtlingskrise berührt auch uns

Die Flüchtlingsproblematik wird nach wie vor in Europa und in Deutschland erbittert diskutiert. Es stehen sich zwei Meinungen gegenüber. Die eine Seite sieht den humanen Aspekt, der Deutschland verpflichtet, aus dem Gebot der Nächstenliebe die Grenzen unbeschränkt zu öffnen (ohne Obergrenze). Auf der anderen Seite wird darauf hingewiesen, dass unsere Aufnahmefähigkeit begrenzt ist (so Bundespräsident Gauck) und es humaner sein kann, Geflüchteten heimatnah zu helfen, um auch unsere Gesellschaft nicht zu überfordern. Inzwischen vertreten letztere Meinung wohl alle übrigen 27 Mitgliedstaaten der EU, so dass die deutsche Regierung in dieser Frage isoliert ist. In Deutschland hat die Auseinandersetzung hierüber zu einer noch nicht dagewesenen Spaltung der Bevölkerung geführt. Immerhin bemerken wir jetzt, dass die Schwierigkeiten, die ausländische Zuwanderer mit sich bringen, nicht mehr tabuisiert sind. Die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten haben dazu geführt, dass Probleme der Integration und ausufernde Kriminalität zumindest nicht ganz aus der Berichterstattung verschwinden. Die deutschen Vertriebenen sehen sich immer wieder mit einem Vergleich zu ihrem Schicksal konfrontiert. Es kann nur wieder auf die Unterschiede hingewiesen werden. Wir wurden mit Waffengewalt aus unseren Häusern vertrieben, hatten keine Möglichkeit, in anderen Ländern Zuflucht zu suchen. Die Vertreibung erfolgte innerhalb Deutschlands, die Vertriebenen kamen zudem aus demselben Kulturkreis und hatten wegen des gleichen Bildungsstandes keine Integrationsprobleme.

Deutsche Kulturgüter nach Polen?

Es ist sicher kein Einzelfall, über den am 30.10.2015 in der „Rheinischen Post“ berichtet wurde. „Eine Glocke kehrt heim nach Polen“ titelte die Zeitung. Das niederschlesische Dorf Reichenau – heute Niwa – wurde in den Wirren des zweiten Weltkriegs seiner Kirchenglocke beraubt, hieß es weiter. Auf verschlungenen Wegen sei sie dann 1964 nach Rheydt gekommen, wo sie mehr als 50 Jahre ihren Dienst tat. Auf Initiative eines jungen Mannes aus Reichenau/Niwa sorgte Pfarrer Michael Schicks aus Rheydt-West für eine Überführung der Glocke, die als Kriegsraub bezeichnet wurde. Zu einem Pontifikalamt mit dem zuständigen Bischof erhielt die Gemeinde die Glocke zurück, so die Zeitung. Dass die Gemeindemitglieder nach 1945 andere geworden sind, störte die Berichterstattung nicht. In einem Leserbrief stellte Jürgen Zauner, Landesvorsitzender der Landsmannschaft Ostpreußen, am 9.12.2015 klar, dass Reichenau eine deutsche Stadt war und keineswegs die Glocke geraubt worden sei. Die heute polnische Bevölkerung kann deshalb auch keine Ansprüche stellen. Heute läuten Glocken aus Breslau und Königsberg im Batterieturm auf Schloss Burg/Solingen, der zentralen Vertriebenengedenkstätte. Wir sollten alles tun, damit ihnen nicht dasselbe Schicksal widerfährt. Bitte beobachten auch Sie, ob es bei ihnen Parallelen gibt.

Zwangsarbeiterentschädigung rückt näher

Wie bereits bekannt gemacht wurde, hatte der Deutsche Bundestag im Herbst 2015 einen Beitrag von 50 Mio. Euro als Anerkennungsleistung für betroffene deutsche Zwangsarbeiter beschlossen. Aus einem mir vorliegenden Schreiben des Bundesfinanzministeriums geht hervor, dass der Anerkennungsbetrag 2.500,-- Euro pro betroffener Person betragen soll. Wie aus dem Schreiben ebenfalls zu entnehmen ist, besteht kein Rechtsanspruch auf diese Leistung, die im Übrigen nicht übertragbar, insbesondere nichtvererbbar ist. Sobald die Richtlinien zur Antragstellung vorliegen, werde ich Sie unterrichten. Es ist dann unsere Aufgabe, nicht nur unsere Mitglieder zu unterrichten, sondern auf die Regelung auch über die Presse aufmerksam zu machen. Ich habe vor, an meinem Wohnort zu einer Informationsveranstaltung einzuladen und dabei auch einen Zeitzeugen zu präsentieren. Soweit Sie Hilfestellungen brauchen, bin ich dazu gern bereit.

Dorothea Walda engagierte Schlesierin und Schauspielerin gestorben

Sie verkörperte Schlesien wie kaum ein anderer. Viele Jahrzehnte blieb sie ihrer Heimat Schlesien in einzigartiger Weise treu. Es war für sie immer Verpflichtung, das heimatliche Erbe zu pflegen. Sie schneiderte Trachten, trat in der Öffentlichkeit mit den von ihr betreuten Kindergruppen auf und hielt Vorträge. Ihre Auftritte verliehen vielen Gruppen Glanz. Dorothea Walda gehörte zu den Wenigen, die die niederschlesische Mundart beherrschten und so Heiteres wie Besinnliches aus Schlesien authentisch vortragen konnten. Wo sie auftrat, erlebten die Zuhörer Schlesien, fühlten sich in ihrer Heimatliebe bestärkt. Als viel beschäftigte Schauspielerin trug sie das schlesische Element auch in die Bevölkerung. Unverkennbar nämlich ihr schlesischer Akzent, den sie durch ihre Rollen in Filmen und im Fernsehen nach außen trug. Über lange Zeit sorgte sie durch die Herausgabe des Kanther Heimatbriefs dafür, dass ihre Kanther Landsleute in Verbindung blieben. Trotz ihres aufreibenden Berufs engagierte sie sich wo immer es ging, wenn Schlesien rief. Dorothea Walda hat sich für Schlesien und die Schlesier in besonderer Weise verdient gemacht. Die Landsmannschaft Schlesien wird sie als hervorragende Botschafterin unserer Anliegen in Erinnerung behalten und ihr Andenken stets ehren. Dorothea Walda starb am 18. Februar 2016 im Alter von 84 Jahren nach schwerer Krankheit und wurde in ihrem Wohnort Wülfrath am 26. Februar unter großer Anteilnahme ihrer Freunde beigesetzt. Auch ein ehemaliger Filmpartner, der große Harpe Kerkeling, ehrte Frau Walda durch einen Kranz.

Mit freundlichen Grüßen                                                                 

Schlesien Glückauf!

gez. Rudi Pawelka

Landesvorsitzender