Rundschreiben Nr. 8-15 vom  21. August 2015


Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Landsleute,   

nachdem ich in den beiden letzten Rundschreiben aus Platzgründen nicht auf die Situation der Landsleute in der Heimat eingegangen bin, möchte ich dies in diesem Rundschreiben nachholen. Zunächst aber einige Informationen aus der Landesgruppe. 

Schlesienfahrt der Landesgruppe vom 12.-17. Oktober 2015. Wie bereits angekündigt, hatten wir für dieses Jahr eine Fahrt nach Schlesien eingeplant. Nachdem nun die Voraussetzungen hierfür geschaffen sind, können wir jetzt verbindlich zusagen, dass dieses Projekt stattfindet. Da vor Ort noch nicht alle Einzelheiten abgesprochen werden konnten, werden in einem weiteren Rundschreiben die Teilnahmebedingungen genannt. 

Landesgeschäftsführerin Gertrud Bunzel verabschiedet. Da Frau Bunzel zwar noch bis zum 31. August unsere Angestellte ist, aber im August Urlaub und Mehrdienstausgleich in Anspruch nehmen musste, erfolgte ihre Verabschiedung bereits am 31. Juli. Ich habe ihr den Dank der Landesgruppe für ihre engagierte, stets loyale und hervorragende Arbeit ausgesprochen. Frau Bunzel hat sich als Nichtvertriebene in ihrer fast achtjährigen Tätigkeit nicht nur in unsere Arbeit für Schlesien eingearbeitet, sondern Schlesien auch zu ihrem Anliegen gemacht. 

Nachlese zum Deutschlandtreffen. In dem in Oppeln herausgegebenen Wochenblatt für die Deutschen in Polen klagt dessen Chefredakteur Till Scholtz-Knobloch über die mangelnde Medienresonanz des Treffens in Hannover. Es sei zu einem beschaulichen Heimattreffen geworden, an dem die Nachrichten heute kein echtes Interesse mehr finden. Eine Folge davon sei auch das Ausbleiben würziger Zwischenrufer, so Knobloch weiter. Dass eine Veranstaltung ohne Biss und ohne Formulierung der wesentlichen eigenen Anliegen in der Medienlandschaft schnell untergeht, liegt auf der Hand. Darauf wurde bereits aufmerksam gemacht. 

Zusammenarbeit bisher getrennter deutscher Verbände. Es ist nicht Aufgabe der Landsmannschaften, sich in Auseinandersetzungen deutscher Verbände in Schlesien einzumischen. Es kann nur darum gehen, über Vorgänge zu informieren. Sicher ist es bedeutsam, wenn zwei bisher getrennt operierende Vereine sich entschlossen haben, miteinander zu kooperieren. Polenweit tätig ist der „Verband der deutschen kulturellen Gesellschaften“ (VdG), der mit seinen Spitzenvertretern sehr bekannt ist. Der daneben im Raum Kattowitz ansässige Verband „Arbeitsgemeinschaft  Versöhnung und Zukunft“ ist wegen seiner räumlichen Beschränkung weniger geläufig. Dabei war sein Vorsitzender Dietmar Brehmer vor der Gründung des VdG praktisch der Vertreter der deutschen Minderheit in Polen. Durch die Gründung des VdG kam es zu einer Trennung. Brehmer widmet sich vor allem mit seinem Verein mit 12 000 Mitgliedern sozialen Fragen (u. a. Ausgabe täglicher Mittagessen an hunderte Bedürftige), aber auch der Sammlung von Dokumenten. In seinem Archiv befinden sich u. a. tausende Karteikarten  von  Deutschen, die  in polnischen  Arbeitslagern  eingesperrt  waren.  

Wegen dieser Unterlagen war Brehmer, der einst zum engsten Mitarbeiterstab von Kardinal Stefan Wyszyński gehörte, auch Repressionen der polnischen Polizei ausgesetzt. Seine Verbindung zur Landsmannschaft Schlesien dokumentierte er über viele Jahre durch die Teilnahme einer Abordnung bei den Deutschlandtreffen. 

Brehmer nahm inzwischen an Zusammenkünften des VdG teil. In Vorbereitung der Parlamentswahl am 25. Oktober gab es Gespräche mit dem VdG-Vorsitzenden der Woiwodschaft Schlesien, Martin Lippa, über eine gemeinsame Liste. Bei der Sejm-Wahl 1991 hatte Brehmer mit seiner Liste 129 774 Stimmen errungen, ein Ergebnis, das bis  heute selbst in der Woiwodschaft Oppeln bei weitem nicht erreicht wurde. Wahlstrategische Gespräche gab es inzwischen auch mit Jerzy Gorzelik, dem Vorsitzenden der Autonomiebewegung in Schlesien. Man darf gespannt sein, welches Wahlbündnis zustande kommt und wie sich die Zusammenarbeit weiter gestaltet. 

Repressionen gegen Deutsche nach 1945 geleugnet. Als Umschreibung der Geschichte bezeichnete der Bevollmächtigte des Marschalls der Woiwodschaft Schlesien für Ausstellungen im Schlesischen Museum die Aussage, dass es  Repressionen gegen die deutsche Bevölkerung gegeben habe. Andrzej Krzystyniak beließ es aber nicht dabei. Er behauptete auch, Nazideutschland habe Oberschlesiens Multikulturalität zerstört. Polen müsse sich jetzt um seine Westgebiete kümmern, damit deren polnische Wesensart erhalten bleibt. Wer die polnische Gesellschaft beobachtet, kann sich kaum über solche abstrusen Aussagen eines Wissenschaftlers wundern. Selbst  vom polnischen Staatspräsidenten Komorowski kamen wiederholt merkwürdige Feststellungen. So erdreistete er sich in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag, die Vertreibung der Deutschen zu bagatellisieren. Er prangerte die nationalsozialistische Gewaltpolitik an, wodurch Polen von der Brutalisierung der Umsiedlungen erfasst worden sei. Dagegen sprach er davon, dass sein Geburtshaus in Niederschlesien von einer deutschen Familie verlassen worden sei. 

Deutsche Bevölkerung in Oberschlesien soll weitestgehend verschwiegen werden. Wegen seiner Konzeption für das neue Schlesische Museum in Kattowitz war bereits deren Direktor                  Leszek Jodliński nach fünfjähriger Tätigkeit entlassen worden. Die deutschen Verbände beklagen, dass der deutsche Anteil in Oberschlesien auch im Oppelner Museum und bei Ausstellungen verwischt wird. Der Vorsitzende des VdG Bernard Gaida fragte unlängst in einem Kommentar, wie man sich in Europa in großen Dingen vereinigen könne, wenn schon kleine Dinge, die mit der europäischen Kultur und dem Geschichtserbe verbunden sind, ständig zu Streit führen. Er nannte hierbei die Auseinandersetzungen um das Schlesische Museum in Kattowitz, aber auch die Vorgänge um den Direktorenposten der Berliner Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“. Er meinte in diesem Zusammenhang, dass versteckte Emotionen und nicht verarbeitete Lasten der Vergangenheit immer wieder ausbrechen. Er erinnerte an die Aussage des Journalisten und Historikers Klaus Bachmann, der von einem Versöhnungskitsch sprach. 

Ich grüße Sie mit einem herzlichen Schlesien Glückauf!    

Rudi Pawelka,  Landesvorsitzender